BUS-PROJEKT-TEILNEHMER STARTET IN DEN BERUF / STIEGLER GMBH: AUSBILDUNGSQUOTE BEI 14 PROZENT
Christof Freimann hat es geschafft. Er hat seit September letzten Jahres eine Lehrstelle. Der 16-Jährige strahlt. Bei der Siegener Georg Stiegler GmbH ist Freimann angetreten, um sich in drei Jahren als Industrie-Isolierer ausbilden zu lassen. Eine echte Perspektive für den Jungen ohne Schulabschluss. Und zugleich eine Chance für den Geisweider, die heute nicht jeder Jugendliche erhält: Jedes Jahr verlässt ein Zehntel der Schülerinnen und Schüler eines Altersjahrganges die Schule ohne Zeugnis und damit ohne Eintrittskarte in die berufliche Zukunft.
Stellt sich die Frage, warum der heimische Mittelständler mit aktuell 60 Mitarbeitern – darunter sind derzeit acht Auszubildende (die Ausbildungsquote beträgt damit beinahe 14 Prozent) – ausgerechnet Christof diese Chance gegeben hat? Trotz der Fünfen in Deutsch und Mathe? Trotz des fehlenden Abschlusses? „Weil er sich bewährt hat, weil er motiviert ist und weil er als Praktiker durchaus seine Fähigkeiten besitzt“, sagen Christian und Georg Stiegler junior. Die beiden Mitgeschäftsführer des Unternehmens, dessen Kerngeschäft sich um Wärme-, Kälte-, Schall- und Brandschutz dreht, berichten: Der Betrieb hat für das Projekt „BUS – Beruf und Schule“ (siehe Stichwortkasten) Praktikumsplätze zur Verfügung gestellt. Einen davon ergatterte Christof. Ein Jahr lang konnten Stiegler und Stiegler sowie das ganze Team den lernschwachen Schüler beobachten. Und Christof machte sich: Drei Tage pro Woche besuchte er den Unterricht im Rahmen des BUS-Projektes. Dann verbrachte er zwei Tage in der Werkstatt oder im Großhandelslager oder draußen auf der Baustelle der zahlreichen Industriekunden irgendwo zwischen Flensburg und Füssen, schließlich ist ganz Deutschland der Markt für die Georg Stiegler GmbH.
Keine Fehlzeiten, keine Krankentage. Vorurteile sind fehl am Platz: „Wir haben rasch gemerkt, dass Christof unbedingt in den Beruf starten wollte, also in unseren Betrieb wollte“, erklärt Georg Stiegler. „Und diesen Willen haben wir respektiert. Zum einen, weil wir als Unternehmen so etwas wie soziale Verantwortung für die Allgemeinheit besitzen. Und zum anderen, weil wir – ganz eigennützig – stets auf der Suche nach hoch motiviertem Nachwuchs sind, der unseren Dienstleistungsgedanken loyal lebt und damit unser Wachstum trägt“, ergänzt Bruder Christian Stiegler. Dies sind ebenso die zwei Hauptgründe, wegen derer das Unternehmen, das in Elsdorf (bei Bergheim) eine Niederlassung unterhält, im Jahr 2002 wieder in die Erstausbildung eingestiegen ist. Nach einer Unterbrechung und in Zeiten sehr guter Auslastung der Kapazitäten bieten die Stieglers wieder Lehrstellen an.
Vielleicht bald erneut für einen Teilnehmer des BUS-Projektes: Drei Schüler durchlaufen gerade ihr Praktikum in dem Siegener Unternehmen. Und hoffen auf eine Chance, die auch ohne Abschlusszeugnis die Eintrittskarte in die berufliche Zukunft bedeuten könnte.
Von: Siegener Zeitung, 26. Februar 2005